Die Friedensdekade beginnt (8. November 2020)

Ein Impuls von Pfarrerin Ulrike Menzel

Liebe Gemeinde,

am 8.11.2020, beginnt die Ökumenische Friedensdekade,
10 Tage bis zum Buß- und Bettag, in denen bereits seit 1980 in Friedensinitiativen und Ökumenischen Gruppen um Frieden gebetet und gerungen wird
und Wege zum Frieden aufgezeichnet und eingefordert werden.
Ihr Erkennungssymbol war und ist das Bild vom aktiven Schmied,
der in Anlehnung an die Friedensvision von Micha 4, 3 -4
ein Schwert in einen Pflug umwandelt.

Denn vom Zionsberg in Jerusalem
wird der HERR sein Wort ausgehen lassen. 
Er weist mächtige Völker zurecht und schlichtet ihren Streit,
bis hin in die fernsten Länder.
Dann schmieden sie aus ihren Schwertern Pflugscharen
und aus ihren Speerspitzen Winzermesser.
Kein Volk wird mehr das andere angreifen
und niemand lernt mehr das Kriegshandwerk. 
Jeder wird in Frieden bei seinen
Feigenbäumen und Weinstöcken wohnen, 
niemand braucht sich mehr zu fürchten.
Der HERR, der Herrscher der Welt, hat es gesagt.

War und ist so ein Frieden, 
der Völkerfrieden, der Frieden zwischen einzelnen Menschen und auch der Frieden in uns eigentlich nur ein frommer Wunsch? Kann die Abrüstung in unseren Köpfen und in unserer Sprachen und Frieden in unseren Seelen wirklich geschehen? 
Oder wird der Frieden immer  wieder nur vor die Wand gefahren? Das aktuelle Logo regt zu diesem Sprachbild an, denn es ist ein Wandtattoo, das so aussieht, als sei die Friedenstaube vor eine Wand geflogen. Wenn das einer Taube passiert, dass sie vor eine Wand oder Scheibe fliegt,  wird sie danach verletzt oder gar  tot am Boden liegen.

Der Weg dieser Taube auf dem Bild scheint ein falscher Weg gewesen zu sein:

ein Weg ins Dunkle, ein Weg in eine Sackgasse,
ein Weg, auf dem es keinen Frieden und kein Leben gibt.
So geht es nicht weiter;
so, dass Unrecht, Macht und Lügen das Handeln bestimmen, wie es der Liedtext  von Jürgen Henkys benennt;
so, dass Leben „platt  gemacht wird“, Menschen entwurzelt und vertrieben, Bäume gefällt und Tiere massenhaft getötet werden, wie es heutzutage geschieht;
so, dass manchmal sogar die Hoffnung verblüht.

Es muss etwas passieren. Und so kehrt die Taube um.
Ganz vorsichtig. Sie ist erst am Anfang ihrer Kehrtwende. Aber sie hat sich zumindest schon mal umgeschaut, wo ein Alternativweg zu finden wäre.
Es muss etwas passieren.
Kehrtwende, Umkehr ist angesagt. Das ist eine elementare Botschaft der Bibel.

Die Hoffnung nicht aufgeben,
nach Alternativen suchen,
gute Ideen haben
und auf Gott vertrauen
- das alles konnte Noah.

Nach großer Zerstörung auf Erden, nach ewiger Zeit im dunklen Raum der Arche, wagt er etwas  Neues und macht eine Luke auf, um eines der ihm anvertrauten Lebewesen auf Friedensmission zu schicken. Er lässt eine Taube fliegen, mehrmals. Sie fliegt dem Himmel und einer neuen Zeit entgegen, dreht ihre Kreise und kommt einst einmal erfolglos zurück. Noah versucht es noch einmal.
Und dann, ja dann kehrt die Taube mit einem Olivenzweig im Schnabel zur gestrandeten Archengemeinschaft zurück. Hoffnung blüht auf. Ein neues Leben beginnt. Ein anderes Leben. Das vorherige liegt nun hinter ihnen.

„Umkehr zum Frieden“,

lautet das  Motto der diesjährigen Friedensdekade. Wir ahnen ja, dass ein Umdenken not tut, eine Kehrwende im Handeln auch, um Frieden zu erlangen. Schon von alters her heißt es z.B. beim Propheten Ezechiel:

„Ich habe keinen Gefallen am Tode des Sterbenden, spricht Gott, der Herr.
Darum kehrt um, so werdet ihr leben.“ (Ezechiel 18,2)

In der Zeit Jesu predigte Johannes der Täufer Besinnung und Umkehr. Und als er Jesus taufte, kam der Geist Gottes wie eine Taube vom Himmel herab. Von Jesus Christus glauben und hoffen wir, dass er unser Friede ist, uns zunächst inneren Frieden schenkt, uns aber auch zum friedlichen Tun auffordert, wenn er in der Bergpredigt sagt:
„Selig sind, die Frieden stiften, denn SIE werden Gottes Kinder heißen.“ (Matthäus 5,5)

Die Welt  leidet genug an Unruhestiftern, an Anstiftung zu Ungerechtigkeit, Waffengewalt, Hass und Spaltung - an Brandstiftung in Worten und Taten.
Selbst wenn es ohnmächtig erscheinen mag, Jesus mutet Christinnen und Christen zu,
dass sie eine Kehrtwende im Kopf zu vollziehen, und vom Reich des Friedens aus denken. Dieses Friedensreich ist ein Ort und eine Zeit, in der all die kriegerischen Schrecklichkeiten überwunden sind, eine Friedenswelt, die aber nicht nur eine Utopie ist und erst am Sankt Nimmerleinstag Erfüllung findet, sondern  immer auch schon mitten unter uns ist. Die Welt braucht es, dass wir mit dem Frieden Christi im Herzen als einzelne und als Kirche beherzt, klug und mutig Jesu Friedensbotschaft folgen.

Ein Friedensgebet in Zeiten von Corona

Wir beten zu Gott für all die Menschen,
die  an Unfrieden, Rassismus, den Folgen von Corona, 
an Einsamkeit, Hass, Angst,
seelischer,  körperlicher oder wirtschaftlicher Not leiden. 
Wir denken an …
Gott der Herr segne, behüte und begleite uns alle in der kommenden Zeit 
und schenke uns Frieden.
Amen.

Mottolied zur Friedensdekade

1. Wir halten an und wir halten ein,
wir halten in dieser Zeit
fest an dem Geist, der Liebe verheißt,
von Hass, Streit und Neid uns befreit.

2. Wir hören zu, und wir hören hin,
wir hören, was Jesus spricht.
Sein Tat‘ und Wort sie prägen hinfort
das Denken, das Handeln, die Sicht.

3. Wir kehren ein und wir kehren um,
wir kehren uns hin zu dir:
Sinne geweckt, was lebt, braucht Respekt!
Galt damals, gilt heute und hier.

4. Wir gehen los und wir gehen weit,
wir gehen in deiner Spur.
Nicht mühelos, die Schritte sind groß,
doch geben sie die Richtung vor.

Text: Tobias Petzoldt

https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/Bittgottesdienst_2020.pdf, Seite 12

Jeden Tag aufs Neue
wünschen wir uns Gelassenheit und Geduld,
Besonnenheit und Kraft.

Jeden Tag aufs Neue
erwarten wir ein Plädoyer für Menschlichkeit und Würde, 
für Gerechtigkeit und F R I E D E N

Jeden Tag aufs Neue
brauchen wir Zeichen von Versöhnung und Vergebung,
von Mut und Vertrauen.

Jeden Tag aufs Neue stehen wir vor dir, Gott,
manchmal ohnmächtig und ratlos,
verletzt und enttäuscht.

Doch jeden Tag aufs Neue
gilt deine Zusage jeder und jedem von uns:
ICH - BIN - DA

aus einem Wiesbadener Friedensgebet
der Altkatholischen Gemeinde am 11.5.2020

ein Friedenslied auf die Melodie "Befiehl du deine Wege" (Evangelisches Gesangbuch 430)

Gib Frieden, Herr, gib Frieden, die Welt nimmt schlimmen Lauf.
Recht wird durch Macht entschieden, wer lügt, liegt obenauf.
Das Unrecht geht im Schwange, wer stark ist, der gewinnt.
Wir rufen: Herr, wie lange? Hilf uns, die friedlos sind.

Gib Frieden, Herr, wir bitten! Die Erde wartet sehr.
Es wird so viel gelitten, die Furcht wächst mehr und mehr.
Die Horizonte grollen, der Glaube spinnt sich ein.
Hilf, wenn wir weichen wollen, und lass uns nicht allein.

Gib Frieden, Herr, wir bitten! Du selbst bist, was uns fehlt.
Du hast für uns gelitten, hast unsern Streit erwählt,
damit wir leben könnten, in Ängsten und doch frei,
und jedem Freude gönnten, wie feind er uns auch sei.

Gib Frieden, Herr, gib Frieden: Denn trotzig und verzagt
hat sich das Herz geschieden von dem, was Liebe sagt!
Gib Mut zum Händereichen, zur Rede, die nicht lügt,
und mach aus uns ein Zeichen dafür, dass Friede siegt.

EG  430, Text: Jürgen Henkys, Melodie: Befiehl du deine Wege

ein Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott,
der die Liebe ist
und der die Erde allen Menschen geschenkt hat.

Ich glaube nicht an das Recht des Stärkeren,
an die Stärke der Waffen,
an die Macht der Unterdrückung.

Ich glaube an Jesus Christus.
Der gekommen ist, uns zu heilen, und der uns aus
allen tödlichen Abhängigkeiten befreit.

Ich glaube nicht,
dass Kriege unvermeidbar sind,
dass Friede unerreichbar ist.

Ich glaube nicht, dass Leiden umsonst sein muss,
dass der Tod das Ende ist,
dass Gott die Zerstörung der Erde gewollt hat.

Ich glaube, dass Gott für die Welt eine Ordnung will,
die auf Gerechtigkeit und Liebe gründet,
und dass alle Männer und Frauen
gleichberechtigte Menschen sind.

Ich glaube an Gottes Verheißung
eines neuen Himmels und einer neuen Erde,
wo Gerechtigkeit und Frieden sich küssen.

Ich glaube an die Schönheit des Einfachen,
an die Liebe mit offenen Händen,
an den Frieden auf Erden. Amen.

Ökumenische Weltversammlung 1990 in Seoul